Im Alter von zwölf bis 17 Jahren erwarb ich im Unterricht bei der akademisch ausgebildeten Malerin Elah Gottlieb (1913 – 2005, Schülerin von Prof. Jos Rovers, Amsterdam) eine solide handwerkliche Grundlage und nahm erstmals an Ausstellungen teil. Weitere Lehrer: Otto Adam (1901 – 1973, Mitglied Sezession Oberschwaben Bodensee) und Prof. Peter Staechelin (1931 – 2004, herausragender Vertreter der Konkreten Kunst).
Die Halbinsel Höri im westlichen Bodensee, nahe den Hegau-Vulkanen und seit langem mein Wohnsitz, faszinierte Generationen von respektablen Malern – manche von ihnen berühmt, allesamt gegenständlich. Auch in meinen Augen ist Formzerstörung bis zur vollständigen Abstraktion kein gangbarer Weg für die künstlerische Auseinandersetzung mit meiner Bodensee-Heimat.
Nur zum Verständnis, nicht als Rechtfertigung und schon gar nicht mit anmaßendem Allgemeingültigkeitsanspruch: Das unablässige und geradezu landschaftsverändernde Wechselspiel des Lichts macht den Gegenstandsbezug in der Malerei hier notwendig. Und diese Landschaft drängt sich einem in dieser Region ansässigen Maler geradezu auf. Sie im künstlerischen Werk völlig zu ignorieren, ist in meinen Augen abwegig, heißt Chancen vertun. Für ebenso unzulänglich halte ich eine modernistisch manierierte Malweise, mit der sich Manche dieser Landschaft nähern möchten – oft aus Angst, in Kitschverdacht zu geraten. Irrelevant sind zudem die Reflexe einer verbreiteten und zutiefst hilflosen Kunstrezeption, deren Urteilskraft sich darin erschöpft, „modern“ Anmutendes auch gleich für gut zu befinden.
Generell ist es mir suspekt, Effekte jedem noch so bescheidenen Versuch vorzuziehen, dem Charakter eines Gegenstands gerecht werden zu wollen – wissenschaftstheoretisch und philosophisch Unbefangene (Unbedarfte und Überhebliche erst recht) sprechen hier gar von der Wahrheit und vom Wesen.
Qualität lässt sich indes immer nur am konkreten Objekt bemessen – völlig unabhängig davon, ob es sich dabei beispielsweise um akribische Feinmalerei handelt oder um eine ungestüm hingeworfene expressionistische Arbeit. Beides kann erbärmlich oder wertvoll sein.
Über ein Kunstwerk entscheidet seine Qualität – nicht der ominöse Zeitgeschmack, dem Rocklängen, Krawattenbreiten und Schuhformen unterliegen. Somit sind die Kategorien „modern“ oder „altmodisch“ zur Kunstbeurteilung völlig untauglich. Weiterentwicklung in der Kunst heißt nicht, dass sie immer besser wird. Nur die Vielfalt der Ausdrucksformen wird reicher, deren jeweils aktuelle die anderen aber nicht obsolet werden lässt.
Wie das Spektrum meiner abgeschlossenen Studienfächer, von BWL bis Philosophie, belegen auch die Spannbreite meines Berufslebens und die Formen meines künstlerischen Ausdrucks mein Bekenntnis zur Vielfalt und meine Absage an intellektuelle Unbeweglichkeit und Einseitigkeit.
Bei alledem: Mir ist das Malen wichtig – nicht ödes Pinseln, penibles Pingeln oder wildes Schmieren. Und Malen bedeutet nicht: mit dem Pinsel zeichnen. Es hat seine eigene Qualität. Pinseln, Pingeln und Schmieren können zwar zu hervorragenden Ergebnissen führen. Aber so zu arbeiten, interessiert mich nicht.
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